Parking Day: Bremer Verkehrshölle wird zivilisiert

Die Friedrich-Ebert-Straße in der Bremer Neustadt ist stark verkehrsbelastet, besser gesagt: Eine vierspurige Verkehrshölle .

An dieser Straße wohnen Menschen, die tagtäglich unerträglichem Lärm und Gestank ausgeliefert sind. Denn diese 30 m breite Straße mit Ausweitung auf 60 m kurz vor der Wilhelm-Kaisen-Brücke bietet viel Platz für alles, was vier und mehr Räder hat.

FußgängerInnen und RadfahrerInnen dagegen müssen sich den knapp bemessenen (4 m) Bürgersteig teilen. Die Fahrbahn kann von ihnen nur an wenigen Stellen sicher überquert werden.


Friedrich-Ebert-Straße: Wenig Platz für den Alltagsradverkehr, Foto: Wolfgang Köhler-Naumann

Ist das noch zeitgemäß, muss das so sein?  Wir finden: Nein, und wollten zeigen, dass es auch anders geht.

Am 20. September 2019 war es soweit: Protected Bike Lane, 4 Meter Fußweg

 Vor Monaten wurde diese Aktion vom Bremer Bündnis für die Verkehrswende geplant und beantragt: Eine Fahrspur auf einem Teilstück der Friedrich-Ebert-Straße sollte gesperrt, der Parkverkehr aufgehoben werden.


Friedrich-Ebert-Straße nach der Umgestaltung

Auf der zur Protected Bike Lane umgewandelten Autofahrspur sollten RadfahrerInnen erfahren können, wie schön es ist, auf der Fahrbahn ohne Autos statt auf dem engen Radweg neben dem Bürgersteig zu fahren.


Leben auf den „Nebenanlagen“, Foto: Angelika Schlansky

FußgängerInnen sollten die volle Bürgersteigbreite (aktuell: Rad- und Fußweg) – hier 4 m – für sich genießen. Alle zusammen sollten die Parkplätze anders nutzen.

 Frohe Gesichter, spielende Kinder, keine Unfälle

 Autoverkehr, Straßenbahn- und Busverkehr sorgten auch an diesem Tag für den gewohnten Lärm. Aber man hat den frohen Gesichtern der FahrradfahrerInnen angesehen, dass unsere Rechnung aufgegangen ist. FußgängerInnen freuten sich über den ungestörten, erweiterten Bewegungsraum, Kinder bemalten ungefährdet die gesamte Fläche mit Kreide.

Pflastermaler*innen, Foto: Angelika Schlansky

Der Parkstreifen war frei und bot Platz für andere Nutzungen. Umweltverbände, Cambio Carsharing und andere AkteurInnen gaben ihr Bestes mit ihren Ständen, haben Infos verteilt und Gespräche geführt. Eine Gruppe Mädchen hatte sich auf einer Decke niedergelassen, andere hatten es sich auf Campingstühlen gemütlich gemacht.


Espresso auf dem „Parkplatz“, Foto: Fino Tereno

Es wurde der beste Espresso aller Zeiten angeboten, mit Kaffee, der über die Meere gesegelt ist.


Theaterspaß:  Die Shakespeare Company war auch dabei, Foto: Fino Tereno

ZuhörerInnen eines Schauspielers der Bremer Shakespeare-Company, der eine Geschichte von Sebastian Haffner von 1930 zum Thema FußgängerInnen vorlas, konnten auf einem extra angeschleppten Sofa im Parkstreifen Platz nehmen. Eine Band trat auf und war Anziehungspunkt für viele PassantInnen bis zum Ende dieser Aktion.


On the road and free: Eine Band belebt den Fußweg, Foto: Angelika Schlansky

Immerhin hat die Stadt diese Aktion genehmigt, die Polizei war vor Ort. Aber natürlich hat nicht jedem Autofahrer und jeder Autofahrerin diese Aktion gefallen. Es kam zu Staus und Irritationen, auch bei den BusfahrerInnen, aber es gab keinen Unfall.


Putzen, Foto: Fino Tereno

Diese Aktion zum Parking Day des Bremer Bündnisses für die Verkehrswende lief von 15:00 bis 18:00 Uhr. Pünktlich wurden am Ende die Barken für die „Protected Bike Lane“ abgeholt, die Fahrradsymbole auf der Fahrbahn mit einem Schrubber beseitigt, der selbstgenähte Zebrastreifen von FUSS e.V. eingerollt. ADFC, BUND, VCD und FUSS e.V. und die anderen Aktuere packten ein, und alles war wie vorher. Wie vorher?

Wird sich etwas in den Köpfen bewegen?

Dieser Nachmittag hat gezeigt, wie sehr die Menschen es genießen, den öffentlichen Raum sitzend, schlendernd und miteinander redend unbehelligt zu nutzen. Auch die EinzelhändlerInnen an diesem Straßenabschnitt haben die Aktion begrüßt. AnwohnerInnen lehnten sich aus den Fenstern und haben das Geschehen von oben mit Interesse verfolgt.

Es wird sich etwas in den Köpfen bewegen – so die Hoffnung der VeranstalterInnen – auch über das eigene, klimagerechte Verhalten. Manch eine wird sich fragen, warum die Stadt nicht schon längst eine Flächenverteilung zugunsten von Rad- und Fußverkehr vorgenommen hat.


Drei Stunden eine andere Welt, Foto: Fino Tereno

Es ist zu hoffen, dass diese Aktion dazu beiträgt, die zeitgemäße Umgestaltung der Friedrich-Ebert-Straße – hin zu weniger Kfz-Verkehr und mehr Platz für RadfahrerInnen und FußgängerInnen – voranzubringen.

 

 

 

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